Mögest du in spannenden Zeiten leben!

So lautet ein alter chinesischer Fluch, an den ich in den letzten Jahren immer wieder denken muss. Wir erleben, wie sich massive Veränderungen auf mehreren Ebenen langsam und unaufhaltsam vollziehen. Einflüsse, die unsere gesammte Art zu Leben in den nächsten Jahrzehnten komplett ändern werden. Viele wollen es nicht wahrhaben, manche geben sogar sehr viel Geld dafür aus, dass es möglichst lange nicht wahr genommen wird, doch lange werden wir unsere Augen nicht mehr davor verschließen können. Aber da dies sehr unterschiedliche Phänomene sind, die von mehreren Faktoren abhängen, versuche ich das ganze mal ein wenig aufzudröseln, indem ich nacheinander folgende Punkte behandele:

  • Wandel der Arbeitswelt
  • Finanzkrise
  • Das Netz erwacht

Kurze Anmerkung: Mir ist vollkommen klar, dass sich der folgende Text nur auf den Status der Industrienationen, bzw. in einigen Fällen direkt Deutschland, bezieht und nicht auf jene Gemeinschaften, auf deren Rücken wir unseren wilden Tanz tanzen. Aber erwartungsgemäß werden auch diese zeitverzögert die selben Phänomene erleben wie wir.

Zum Wandel der Arbeitswelt

Es ist allgemein bekannt, dass der technische Fortschritt nicht aufzuhalten ist. Doch irgendwie will kaum jemand die Konsequenz daraus ziehen, dass wir weniger Arbeit haben, wenn uns Maschinen eben jene abnehmen. Der technische Fortschritt, in letzter Zeit größtenteils in Form von Computer-basierten System, verändert alle Arbeitsbereiche1 und ein Ende ist nicht abzusehen. Das ist auch schon länger bekannt, doch ist dies irgendwie nicht in den Köpfen unserer Politikelite angelangt. Dort predigt man immer gerne mal wieder dogmatisch, dass ein Wirtschaftsaufschwung ja auch mehr Arbeitsplätze bringt.2

Da wir weiter bei am Konzept des Geldes und des Konsums festhalten müssen, da der Großteil der Menschheit einfach lange noch nicht weit genug ist, über eine altruistische Gesellschaft nach zu denken, werden wir um das Instrument des garantierten Grundeinkommens nicht herum kommen können, je eher desto besser. Wer das leugnet, hat sich entweder noch nicht eingehend mit dem Thema Volkswirtschaft beschäftigt oder glaubt lieber den marktfundamentalistischen Wirtschaftsweisen anstatt seine eigene Denkmaschine zu nutzen und einen Realitätsabgleich zu vollziehen.

Das garantierte Grundeinkommen wird zwingenderweise unsere seit Jahrhunderten geprägten und von den protestantischen Predigern gefestigte Einstellung „du bist, was du arbeitest“ ad absurdum führen. Und allen Mitgliedern der Gesellschaft die Möglichkeit bieten, sich künstlerisch, politisch und wissenschaftlich zu bilden.3

Zur Finanzkrise

Auf den ersten Blick jetzt nicht so die große Veränderung. Finanz“krisen“ sind systembedingte Phänomene, die immer mal wieder auftreten. Doch nach jeder großen Krise werden normalerweise die Regeln ein wenig abgeändert und die Karten neu gemischt und ausgeteilt. Und bislang war es noch nie so, dass dabei das Groß der Menschen gut bei weg kam.

Die aktuelle Krise ist lange noch nicht ausgestanden und dank der Finanzrettung auf Pump, dem verlängerten Kurzarbeitergeld und der unsäglichen Abwrackprämie ist ihr voller Einschlag auf den Winter verschoben worden. Das wir Bürger diejenigen sind, die die Zeche dafür zahlen werden, möchte kaum jemand sehen. Doch die Party geht ja schon wieder weiter und es wird spannend, wie das ganze ausgehen wird. Mir stellt sich die Frage, ob wir uns noch einmal dieses Spiel aufdrücken lassen möchten, denn es bieten sich langsam Möglichkeiten, es anders zu spielen, doch darüber werde ich ein andern Mal schreiben.

Das Netz erwacht

Wir stehen auf der Schwelle zum Informationszeitalter und erleben gerade das Aufbäumen der alten Welt gegen die neue. Durch das Netz verlieren die alten Informationsstrukturen ihre Deutungshoheit und es entstehen immer neue Formen der weitestgehend hierachielosen, dezentralen und freien Kooperation und Kommunikation. Es ist noch unheimlich schwer abzusehen, wohin sich das ganze entwickeln wird, doch ich denke das Dienste wie Twitter, Soup, Facebook, GitHub und wie „Social Media“ noch alles so heissen mag, erst der Anfang einer vollkommen neuen Lebensweise darstellen. Wichtige Menschenrechte wie die Meinungsfreiheit gewinnen eine vollkommen neue Bedeutung und der in der Netzkultur tief verwurzelte Gedanke des Open Access fordert den Kampfbegriff vom geistigen Eigentum heraus und wird diese Hürde der menschlichen Entfaltung hoffentlich bald hinweg fegen.

Ich sehe darin die Chance, dass wir Menschen zu einer neuen Form der Entfaltung kommen können, endlich die dringend nötige zweite Aufklärung erhalten könnten. Doch wird dies zwingend mehr Medienkompetenz von den Nutzern erfordern. Wie beim Auftreten des Buches als Massenmedium stellt die, über ein oberflächliches hinein schnuppern hinaus gehende, Nutzung des Netzes an seine Nutzer hohe Anforderungen, was die geistige Vorarbeit stellt. Gerade deshalbt setze ich große Hoffnungen darin, dass das Netz den Schaden wieder ausbügeln könnte, den das Fernsehen an unserer Kultur angerichtet hat.

Resümee

Wir sehen, das neue Jahrtausend wird spannend werden. Doch ich betrachte es nicht, wie die alten Chinesen, als Fluch, sondern freue mich darauf, diesen Umbruch miterleben und meine Gedanken mit einbringen zu können. Die ewig gestrigen mögen wohl andere Pläne schmieden, doch sie haben damit schon ihren Untergang besiegelt. Klar ist, dass wir unsere Einstellung zum Leben & zu unserer Arbeit grundlegend ändern werden. Es wird spannend und mir bleibt nur noch eines zu sagen:

Wir müssen etwas tun! Es lebe die digitale Revolution! :D

  1. Auch wenn wir in Zeiten der Globalisierung gerne mal dazu über gehen, andere Menschen auszubeuten, weil es günstiger ist, als Maschinen an zu schaffen.
  2. Ein Faktum welches ich als das größte Irrtum der neoliberalen Wirtschaftsweisen bezeichnen möchte. Wenn man sich allerdings die plumpe & weltfremde Konstruktion des makroökonomischen Modells betrachtet, auf der diese Schlußfolgerung beruht, dann verwundert es auch nicht weiter.
  3. Böse Zungen mögen behaupten, dass dieses mit einer der Gründe dafür ist, warum die Einführung des garantierte Grundeinkommen möglichst Lange aufgehalten wird.