Kommunikation ist in politischen Bewegungen elementar wichtig. Umso erstaunlicher ist es da, wie wenig wir Pirat*innen uns eigentlich grundlegende Gedanken über sie machen. Als Partei mit vielen technikaffinen Menschen waren die Medien der Open Source & Hackerszene gleich mit dabei. Dummerweise wurden die altbekannten Verhaltensweisen dabei auch mit übernommen.

Da sticht vor allen Dingen diese „Diskussions“kultur von trollen und getrollt werden, die ja de Facto keine Kultur der Diskussion ist sondern der dominanten Präsentation ist, hervor. Und es kam so, wie es wohl fast überall kommt, wenn mensch arbeiten will, es werden andere Kommunikationswege gesucht. So gibt es in der Piratenpartei nicht einen Kommunikationsweg sondern mehrere. Sei es Twitter, Maillingslisten, Wiki, Flaschenpost, Podcasts oder natürlich auch Blogposts.

Keiner ist geeignet, alle zu erreichen und einige sind, meiner Meinung nach, fast schon per se für konstruktive Arbeiten verbrannt. Ich zweifle allerdings daran, dass dieses Problem nur der Piratenpartei eigen ist. Einige Hinweise von Bekannten aus anderen Verbänden und Parteien lassen mich vermuten, dass dieses, wie bei so vielem, ein gesellschaftliches Phänomen ist.

Ich werde übrigens viele Beobachtungen von Twitter erwähnen, weil dieses mein Hauptmedium darstellt. Da ich allerdings oft parallele Phänomene in anderen sozialen Netzwerken beobachte, tu ich ganz unwissenschaftlich davon ausgehen, dass es in den anderen Kommunikationsmitteln ähnlich zugeht.

In Anbetracht der Aufgaben wie Diskussion mit Verbündeten und Gegner*innen, Ansprechen von möglichst vielen Empfänger*innen außerhalb der Partei oder auch gerne mal innerhalb der Partei und diesem bunten Strauß an Werkzeugen verwundert es mich immer wieder, wie komisch wir diese Instrumente bespielt bekommen. Die Kommunikation für Kampangen funktioniert z.B. phänomenal gut, ich kenne keine Partei, die so ihre Mitglieder aktiviert bekommt wie die Piratenpartei. Das Ansprechen von externen Personen funktioniert auch immer wieder gut und die interne Kommunikation verteilt sich überraschend schnell durch die diversen Netzwerke.

Bei der inhaltlichen Diskussion allerdings würde ich mir solches Effizientes Handeln wünschen. Viel zu oft beobachte ich allerdings unsachliche Diskussionen, persönliche Angriffe oder feinstes Derailing. Bisweilen haben einzelne Diskussionspartner*innen es sich auch einfach bis auf unbestimmte Zeit miteinander auf unbestimmte Zeit verscherzt. Es mag sein, dass mein Blick durch die Hauptfelder meiner politischen Arbeit, die bisweilen sehr polarisierend wirken mag, getrübt ist. Ich bilde mir allerdings ein, solche Szenen auch zwischen Leuten mitzubekommen, die in Politikfeldern arbeiten, aus denen ich mich größtenteils raus halte.

Hinzu kommt, dass wir zwischendurch immer wieder eine Fehlerkultur aufweisen oder sie uns unterstellt wird, die unseren Zielen dienlich nicht dienlich ist. Aber darüber schrieb ich schon im Frühling.1 Diese von mir bemängelte Fehlerkultur des Relativierens und Versteckens ist allerdings einer Welt wohl vertraut, die dieses Politikspiel schon immer spielte. Die Presse kennt dieses Verhalten aus dem Alltag der letzten Jahrzehnten.

Achja, Presse! Also, eigentlich kann mensch schlecht von „der Presse“ reden. Sind es doch viele verschiedene Akteure im politischen Spiel die alle ganz eigene Interessen verfolgen und nicht über einen Kamm geschert werden sollten. Der Einfachheit halber, und weil ich mir das Dank ein paar Gläser Rotwein einfach heraus nehme, tue ich das jetzt allerdings doch!

Viele von uns haben oder hatten sich ein verächtliches Bild von ihr gemacht. Da wird gerne unreflektiert gelästert und der Teufel an die Wand gemalt. Das liegt wohl daran, dass durch die Medienlandschaft der wenigen Oligopole den tendenziösen Charakter vieler Publikationen sehr deutlich heraus gezeichnet wird. Konsumiert wurden sie von „uns“ zu Landespolitischen Fragen bis vor anderthalb Jahren gefühlt nur am Rande, weil eh kaum was über uns drin stand und unsere Blogpost mehr zählten.

Das änderte sich allerdings schlagartig, als der Hype began. Auf einmal war meine Timeline voll von Artikeln über Piraten und Tweets über irgendwelchen komischen Formaten. Mahnende Stimmen, die darauf hinwiesen, dass diese schönen Darstellungen nicht lange anhalten werden würden und im nächsten Jahr damit zu rechnen wäre, dass sie auch mal unschöne Dinge schreiben würden wurden größtenteils Ignoriert. Zu schön war es, dass die mit der vielen Reichweite über uns schrieben, da brauchten wir nicht mehr so viel zu schreiben.

Diejenigen in den exponierten Stellen fingen an, die ihnen neu zur Verfügung stehende Reichweite zu nutzen. Mit guten Blogposts und langen Beiträgen, die unsere Sicht der Welt vermittelten. Es galt, einen Hype zu verwerten und wir wollten diese Chance nutzen, möglichst viel zu transportieren. Selbstverständlich wurde dies nicht immer nur genutzt, um unsere Sache zu postulieren, sondern auch um parteiinterne Konflikte auszutragen. Eine durchaus bekannte Verhaltensweise aus anderen Parteien.

Aber auch eine gefährliche Entwicklung, denn durch die Presse verlieren wir auch den direkten Austausch mit anderen. Und nicht nur durch diese. Ich erlebe schon seit längerem, dass mit Leuten in exponierterer Stellung anders umgegangen wird und diese anders mit dem Rest der Partei kommuniziere. Gut zusehen ist das daran, wie sich seitdem die Parteiinterne Kommunikation gewandelt hat. Die Mailinglisten sind größtenteils die selben düsteren Trollgebirge wie sie es schon immer waren. Aber mir fiel so ganz allmählich auf, dass in meinem liebsten sozialen Netzwerk Twitter weitaus mehr Artikel auf „klassischen“ Plattformen geteilt werden und weitaus weniger Blogposts geschrieben und beworben werden als noch vor einem Jahr.

Sicherlich, das ist auch fließend, fast jede Zeitschrift hat inzwischen ihre eigene Blogplattform integriert. aber der entscheidende Faktor ist immer noch: dieses sind die Plattformen, in denen wenige zu vielen kommunizieren. Eine direkte Kommunikation zwischen Produzent und Rezipient ist schon alleine aufgrund der Flut der Kommentare so gut wie gar nicht mehr gegeben. Ich will das nicht verteufeln, es ist wichtig, dass wir unser Anliegen weit verbreiten. Aber wenn ich meine Nachrichten vom Vorstand aus der Zeitung – Es hat seinen Grund, warum SPON als „Vorstandsblog“ verpönt wird – und nicht in einem Blog, über das ich mit eben jenen in Kommunikation treten kann, dann läuft da etwas schief.

Ich würde mir wünschen, dass wir die Presse für das benutzen, wozu sie gut geeignet ist: viele Leute zu erreichen. Und die Blogs, Podcasts, Tweets und was es sonst noch so gibt dafür nutzen, wofür wir sie früher nutzten: zur Parteiinternen Kommunikation (ja, da gehört kabbeln auch mit dazu).

  1.  Und dann gibt es da noch weitaus erfolgreichere Praktiken der Kommunikation, wie z.B. der durch viele fragwürdige Apologeth*innen verpönten gewaltfreien Kommunikation. Aber das wird Bestandteil eines anderen Blogposts