Kennt ihr das nicht auch?
Da konsumiert man, nichts böses ahnend, das Medium seiner Wahl und es prasselt auf einen nieder.
Kurze, prägnante & aufregende Meldungen über schlimme Dinge. Gerade lang genug, um einen davon zu berichten, wie furchtbar der Umstand ist und doch nur einmal kurz knapp das Thema streifend. Man will ja bloß nicht zu viel vom Konsumenten verlangen.
Derlei Themen gibt es viele. Sei es der Mythos der tödlichen Krankheit, die sich rasend schnell in aller Herren Länder verbreitet – ihr kennt das, solche Meldungen gibt es ja alle Jahre wieder.
Erstaunlicherweise stirbt dann doch kaum jemand daran und nach ein paar Wochen oder Monaten interessiert sich kein Schwein mehr dafür. Ich frage mich ja, was sie demnächst für Namen nehmen werden, Vögel und Schweine sind schon mal aus.
Oder der, seit einem guten Jahrzehnt sehr beliebte, „internationale Terrorismus“ von dem wir alle in Furcht und Schrecken versetzt werden. Wir haben noch alle gut die Anschläge von,,, äh,,, also,,,
Na ihr wisst doch, diese Anschläge, die hier ständig passieren!
Davor muss man doch Angst haben!
Klar, es sterben täglich weltweit mehr Leute an Hunger und in Deutschland jährlich weitaus mehr auf den Strassen oder in Krankenhäusern an den Fehlern der Ärzteschaft. Aber es geht hier um’s Prinzip! Deswegen brauchen wir ja auch unbedingt unsere tollen Überwachungsspielzeuge von der wir hoffen, dass sie was bringen – und sei es nur die Abschreckung.
Letztes Jahr war dann die Finanz“krise“ total in. Das ist mal wirklich ein Thema, mit dem man die braven Deutschen in Angst und Schrecken versetzen kann. Wegen der Wahl wurde das ganze gerade vom Herd genommen, aber die Soße wird bald kippen.
Nicht das man da jetzt was von hören würde, dann dann könnte man ja die Rezipienten im Frühjahr ja nicht wieder so gut in Angst & Schrecken vor dem finanziellen Kollaps versetzen. Aber bis es soweit ist, dürfen die Brandstifter weiterhin Feuerwehr spielen und sich als solche feiern lassen.
Von ernsthaften Ansätzen der Problembeseitigung oder überhaupt einer Problemanalyse keine Spur.
Aber mit rationalen Argumenten kommen zählt ja nicht. Und wer dann auch noch die Frechheit besitzt, auf die Meinungsmache hin zu weisen, der findet sich schnell in der „Verschwörungstheoretiker“-Ecke wieder. Ist schon erstaunlich wie leichtfertig heutzutage dieser Vorwurf gemacht wird, impliziert man damit doch, dass der Gesprächspartner nicht mehr ganz bei Trost ist und die Realität nicht erkennen kann. Deshalb traut sich auch kaum ein Mensch wirklich darüber nach zu denken, zu groß ist die Angst, sich dadurch in das gesellschaftliche Abseits zu befördern und nicht mehr glücklich und unbelastet leben zu können.
Und dabei geht es uns doch so gut, so furchtbar gut, eigentlich viel zu gut. Wir leben in unserer kleinen Welt im schönen Schein und bekommen vom Medium unserer Wahl jeden Tag die Welt erklärt. Mit ein bisschen Sex, hie und da ein wenig Skandal und immer einer ordentlichen Prise Angst. So ist das gut, so fühlt man sich wohl. Man hat etwas zum gemeinsam meckern und weiß wovor man sich heute fürchten muss. Und Morgen? Morgen ist schon wieder etwas ganz anderes aktuell. So beschäftigt ist man, dass man gar nicht mit bekommt wie langsam, vorsichtig und Stück für Stück all das abgebaut oder ad absurdum geführt wird, für das unsere Vorfahren im Kampf ihr Blut vergossen haben.
Währenddessen leben, draußen in der Welt, weit weit weg und in unserer medialen Scheinwelt zum Glück nicht vorkommend, Menschen in Angst. In der Angst, nicht zu wissen, was man heute Abend oder Morgen essen kann. In der Angst davor, abgeholt, eingesperrt und gefoltert zu werden. In der Angst davor, irgendwann nebenbei, wertlos und unbeachtet von einer übermächtigen Militärmaschine getötet zu werden. Sie leben tagtäglich in der selben Angst, ohnmächtig etwas dagegen zu tun. Jeden Tag die selbe beklemmende, furchtbare, Seelen auffressende Angst. Für uns. Für unser Leben in der Gier nach mehr.
Also ich, ich habe keine Angst mehr.
Und ihr?
Seraphyn
September 16
Das weit weit weg ist nicht einmal so weit weg.
Schaue mal in eine Großstadt wie Frankfurt, es gibt genug Menschen, welche z.B. 30 Jahre gearbeitet haben, Hart4 bekommen und leider keine Angehörigen haben. Solche Menschen werden immer sehr oft vergessen.
Auch nachdem ich aufs Dorf in BW gezogen bin, habe ich eine Nachbarin die 82 Jahre alt ist, ein Einfamilienhaus besitzt und wir kaufen für die Dame ein, machen den Garten und helfen im Haus. Das einzige Interesse der Gemeinde scheint an dem Haus zu bestehen, sonst wird das weitgehend ignoriert. Und wer nun glaubt, wenn Sie Ihr Haus verkauft würde alles besser, der irrt gewaltig. Leider musste ich auch schon mitbekommen, wie schlecht ältere Mitmenschen in Altersheimen behandelt werden und ich kann die Dame in dem Punkt voll und ganz verstehen.
Im Grunde ein Punkt für uns Alle Angst zu haben, das Alter und die Ignoranz der Menschen.
Gruss
acid
September 16
@seraphyn: Ja, dem ist leider so. Aber hierzulande ist es nicht so krass offensichtlich wie z.B. in den Slums Argentiniens oder Südafrikas.
frankj
September 29
Tja, ich weiß nicht welche Angst schlimmer ist. Die, die man hier erleben kann (auch wenn’s nur der Verlust eines Lebensstandards ist) oder die Angst in den Slums Argentiniens oder Südafrikas oder in irgendwelchen Kriegsgebieten.
Wenn man hier angstfrei werden kann, dann kann man mit dieser Einstellung doch überall angstfrei leben.
Die Wurzel allen Übels ist ja die Angst vorm Tod und auch irgendwie die Motivation für’s Leben (soviel wie möglich erleben bevor’s zu Ende ist).
Wenn man diese Angst aber verliert – na dann weiß ich aber nicht mehr, was das alles für einen Sinn hat.
So kann ich dann, egal wo, schon jetzt die Löffel abgeben.
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