Einleitung
Es ist längst überfällig, dass ich über dieses Thema schreibe.
Es ist längst überfällig, dass wir uns alle offen mit diesem Thema beschäftigen.
Es ist längst überfällig, dass ich dies als weißer, (halbwegs) gutverdienender, nerdiger Mann tue.
Hier soll’s um Gleichberechtigung gehen und mal anders, als bei meinen sonstigen Texten, um die Gleichstellung von Menschen im täglichen Umgang und mal nicht ganz so global gesehen. Ja, liebe Leser_innen und Leser, das ist wichtig! Ich werd das mal an zwei Beispielen verdeutlichen und werde mich dabei nicht scheuen meine eigene Meinung da mit einzumengen.
Bei den Coderinnen
Immer wieder die gleiche Chose. Vielleicht seid ihr dem Phänomen auch schon begegnet. Und ich mein jetzt nicht, dass es verdammt wenige Programmiererinnen gibt. Das hat auch seine Gründe und hängt auch genau mit unserem Thema zusammen, was ich aber gerade ansprechen will ist was anderes. Ich bin ein wenig unterwegs in der Ruby on Rails Community, ist halt nen nettes Framework für ’ne sexy Sprache. Und in der großen weiten Welt der Programmiererinnen kommt es fast in regelmäßigen Abständen zu dem folgenden Phänomen.
Alle paar Monate kommt da so ein Arschloch auf irgend einer unserer hippen Techconfs auf die Idee, sich hinzustellen und eine sexistische Show abzuziehen. Der Großteil des Publikums nimmt das hin, stellenweise vielleicht mit Bauchschmerzen. Irgendwann platzt dann einer Programmiererin im Publikum der Kragen und sie setzt sich damit ihrer Profession gemäß auseinander: sie bloggt darüber.
An sich schon mal echt ne gute Sache. Soziale Missstände und respektloses Verhalten verschwinden ja nicht von selbst. Und meistens entwickelt sich dann auch im Anschluss eine Diskussion…
Naja, falls man es denn so nennen möchte. Es erscheint eher wie Glaubenskriege. Und ähnlich wie bei Glaubenskriegen haben diese Meinungsscharmützel immer wiederkehrenden Charakter von den stets gleichen Argumenten. Dieser Comic verdeutlich das ganz gut.
Bei den Piratinnen
Jupp, hier kocht das Thema auch schon länger. Ich hatte mir eigentlich schon nach Julias Blogpost bezüglich ihres letzten Shitstorms vor gehabt, endlich meinen längst überfälligen Artikel zum Thema Sexismus in Nerdkreisen zu schreiben. Aber wie das mit der Arbeit im Programmiererhamsterrad so ist…
Unabhängig davon, dass sich die Presse gerade auf die Fraktion in Berlin stürzt, weil’s da keine Quote gibt (und sie ja irgendwas zum skandalieren brauchen. Sonst würd ja auffallen, dass sie kaum Informationen aufbereiten…) sollten wir auch von unserer eigenen Partei nicht den Blick abwenden.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr fällt mir auf, das des Beispiel nicht so griffig gewählt ist. Klar, wir haben ne gute Anzahl krass sexistischer Trolle im Kielwasser (ich sag nur: Koks und Nutten) sowie arg bedenkliche Auswüchse (siehe AG Männer), allerdings stehen diesen, gerade hier in Berlin, verdammt viele offen agierende und denkende Leute gegenüber. Mensch kann postgender als stumpfes Ausblenden dieser Kategorien betrachten (als Privilegierter geht das ja ganz einfach) aber auch bitte bedenken, dass es viele gibt, die dieses auch als ein Ausbrechen aus den alten Rollenbildern und Biologismus betrachten (Die Stichworte lauten hier Transgender und Transvestismus).
Kinners, da steckt ein Muster dahinter
Oder, wie es so schön heißt: „Auch du hast Sexismen verinnerlicht!“. Ist so. Jede und Jeder von uns. Kann mir auch schlecht vorstellen, wie es ohne gehen könnte. Wir leben in einer sexistischen Gesellschaft die auf festen Rollenbildern basiert und davon ärgerlicherweise auch nur genau zwei anbietet. Wir saugen das quasi mit der Muttermilch bzw. im Kindergarten auf. Alles wird in sie hinein gezwängt und diejenigen, die sie verinnerlicht haben verstärken sich noch untereinander, da sie sich ja die ewig gleichen Verhaltensweisen und Lebenspläne vorspielen.
Das ist jetzt für das geneigte Eichhörnchen auch nicht das neueste. Die Feministinnen beißen sich da auch schon länger die Zähne aus, ebenso wie die Streiter für homosexuelle Lebensweisen. Wichtig ist, dass wir uns mal alle dieser soziologischen Tatsache bewußt werden. Denn nur dann können wir wirklich mal angehen, die ständige und teilweise latente Diskriminierung von Menschen, die nicht in das allgemein vorgebetete Raster passen, in unserer Gesellschaft zu beenden. Das praktische daran: Jeder Mensch kann da direkt bei sich selbst mit anfangen! Das nennt sich dann nämlich Aufklärung, wenn man sich der Beweggründe für sein soziales Verhalten bewußt wird. Und die haben wir Menschen echt mal verdammt nötig. Ich hab übrigens den starken Verdacht, dass sich Kant jedes Mal in seinem Grab herum dreht, wenn irgend so’n Lehrer dieses unsägliche Zitat in der Schule vorbetet.
Aber ich komme vom Thema ab. Die aktuelle Situation, wie ich sie erfasse, ist folgende: Leute, die Verhaltensweisen aufweisen, die dem anderen Geschlecht zugeordnet werden, oder die einfach gefangen in dem falschen Körper sind oder beide Geschlechtsmerkmale aufweisen haben generell immer noch nichts dazu sagen und halten sich aus Furcht vor negativen gesellschaftlichen Sanktionen meistens aus der Diskussion heraus. Die Frauen hatten im letzten Jahrhundert echt gute Erfolge erzielt, was ihre Gleichberechtigung angeht. Zumindest auf dem Papier sind sie ziemlich gleichgestellt. Dummerweise kommt die Entwicklung da irgendwie nicht voran, es scheitert einfach zu viel an kulturellen und sozialen Hürden.
Männer, jetzt müssen wir ran!
Es ist dringend nötig das wir als die Priviligierten dieses Rollenschmas anfangen, daran zu rütteln. Und das sind wir! Wer da was anderes sagt möge mal bitte die Augen aufmachen und sich einfach nur mal anschauen, wie die Gehaltsverteilung zwischen den Geschlechtern so aussieht. Oder wie das mit der Machtverteilung unter den Geschlechtern aussieht. Nennt sich übrigens Patriachat, sollte Mann schon mal was drüber gehört haben. Wir müssen verstehen lernen, wie diese Mechanismen der Unterdrückung funktionieren um sie richtig brechen zu können. Diejenigen stärken, die gegen ihre aufgezwungenen Rollenbilder kämpfen und ihre Position mit unserer Unterstützung bestärken. Wir Männer brauchen dringend neue Rollenbilder für die Welt von heute und Morgen. Der Lohn für unsere Mühen wäre eine Gesellschaft, die wieder ein bisschen besser geworden wäre. Mit glücklichen Menschen, die nicht an den ihnen aufgestülpten Rollenbildern zerbrechen.
Die Herausforderungen der Informationsfreiheit verlangen eine zweite, eine richtige Aufklärung der Menschen. Wir alle müssen daran mit arbeiten, wenn wir in der Gesellschaft der Informationsfreiheit zu Hause sein wollen.
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