Es begab sich vor ein paar Tagen – ich hatte mir gerade noch schnell ein halbes Hähnchen und Pommes an einer dieser Freßstände, wie sie gerne in der Nähe von Supermärkten stehen, geholt – dass ich den Heimweg durch ein kleines Waldstückchen beging und auf einer schönen Lichtung unter einem Baum verweilte um meine soeben erbeutete erkaufte Mahlzeit zu verspeisen.1

Ich dachte so über nichts bestimmtes nach – zu mindest über nichts, an dass ich mich jetzt entsinnen könnte – als mir wieder einmal auffiel, wie viel Fleisch ich wöchentlich verzehre. Es vergeht kein Tag, an dem ich es nicht in irgend einer Form zu mir nehme. Auf’s Brot z.B. kommt bei mir meist nur Fleischsalat, Salami und diverse Käsesorten (auch ein tierisches Produkt). Gut, ich habe auch noch ein wenig Marmelade, die zum Glück sehr haltbar ist, und leider auch ein wenig Nuss-Nougat-Creme, über deren Besitz ich mich sehr schäme. Aber mir fiel das mit den Kindersklaven in der Kakaoproduktion erst zwei Tage später wieder ein, nachdem ich sie schon angebrochen hatte. Dessenungeachtet, um wieder zur Ernährung zurück zu kehren, selbst wenn ich denn einmal anders oder gar nicht frühstücke findet immer wenigstens ein kleiner Fleischanteil seinen Weg in die Hauptmahlzeit. Und ich bin mir sicher, dass ich, abgesehen von unseren vegetarischen oder veganen Mitmenschen, damit nicht alleine bin, oder?2

Nun sind wir ja, der Aufbau unseres Gebisses spricht da eindeutig für, Allesfresser und als solche benötigen wir nun wahrlich nicht derart oft der Bestandteile tierischer Zellen. Es gibt aber im Tierreich durchaus andere Tiere, die sich fast ausschließlich vom Fleisch ernähren: die Raubtiere. Und wenn wir derart viel Fleisch zu uns nehmen, dann eifern wir ihnen ja eigentlich unbewußt nach. Auch wenn wir in unserer arroganten Art den kraftraubenden Akt der Jagd durch ein schlichtes bezahlen eines Dienstleisters ersetzen. Insofern passt die Metapher nicht ganz, wenn man die Jagd allerdings etwas weiter auffasst, dann passt sie wieder ganz hervorragend. Homo Sapiens jagt nicht plump Fleisch hinterher, statt dessen wurde die Jagd auf abstrakte Güter wie Geld, Macht und Einfluß verlegt. Das sieht man ja heutzutage immer besser in (fast?) allen Bereichen unseres Lebens. Raubtiere sind durch den Instinkt in ihrem Wesen definiert und folgen ihrer Bestimmung ohne sie reflektieren zu können.3

Demgegenüber ist der Menschen indes, das hat Nietzsche sehr schön formuliert, das unbestimmte Tier. Das ist unser Segen und unser Fluch zugleich. Wir müssen uns selbst definieren, denn unsere kümmerlichen Instinkte reichen für ein Leben, das uns erfüllen könnte, leider nicht wirklich aus.4 Dies ermöglichte uns allerdings die aufeinander aufbauende Kultur des Wissenstransfers zu entwickeln und in unserem maßlosen Geltungsbedürfnis stellten wir uns sogar über alle anderen Tiere.5 Jedoch ermöglicht es gerade diese Ungewißheit unserer Spezies immer wieder revolutionär neue Wege zu gehen. Und von diesem Blickpunkt aus, empfinde ich es als ziemlich armselig, in seinem Verhalten einem Raubtier nach zu eifern. Steht es uns doch frei, unsere eigene Bestimmung zu finden. Unseren Weg selbst aus uns heraus zu definieren.

Worauf läuft’s hinaus? Das Leben eilt weiter dahin und wir haben kaum die Zeit uns auf das Jetzt zu konzentrieren, geschweige denn unserer selbst bewußt zu werden. Doch genau dies ist die Gabe, die unsere Art auszeichnet. Wäre es nicht sinnvoll, sie auch zu nutzen?

Ich für meinen Teil denke gerade, um mal wieder zum Beginn des Gedankenganges zurück zu kehren, darüber nach, meinen Fleischkonsum einzuschränken. Nicht weil es mir zuwider wäre, vielmehr um mich selbst der Erfahrung zu bereichern, dass es auch andere Arten der Kost gibt. Denn, du bist was du isst – Prost!

  1. Ich habe natürlich nur die Knochen mit ein paar Resten in diesem Waldstück liegen gelassen und den ganzen zivilisatorischen Ballast, den es obendrein gab, ordnungsgemäß in einem Müllsammelbehälter entsorgt.
  2. Es ist mir durchaus bekannt, dass dieser hohe Fleischkonsum ein Phänomen unserer deutschen Kultur darstellt.
  3. Wie sollten sie auch? Nach unsererem aktuellen Erkenntnisstand sind die Denksysteme nicht mit jenen abstrakten Modellen des Geistes ausgestattet, die uns Menschen ermöglicht, über uns selbst zu reflektieren.
  4. Jedenfalls glaube ich das. Auch wenn unsere Geschichte, von einem oberflächlichen Blickpunkt aus, durchaus gegenteilige Beispiele liefern könnte.
  5. Ich sag‘ nur: „Mach euch die Erde untertan“ Und kommt mir ja nicht mit irgendwelchen Wischi-Waschi Deutungen daher!